Gebärdensprachdolmetschen ist eine vergleichsweise junge Profession, die sich in Deutschland erst Mitte der 80er Jahre zu etablieren begann. Davor wurden zur Vermittlung zwischen Hörenden und Gehörlosen (bzw. Schwerhörigen und Ertaubten) meist Verwandte herangezogen (häufig Kinder gehörloser Eltern, so genannte „natürliche Dolmetscher*innen“). Eine andere Möglichkeit war, dass Kontaktpersonen von gehörlosen Menschen (Gehörlosenlehrer, Gehörlosenseelsorger, Sozialarbeiter/Fürsorger für Gehörlose) in verschiedenen Situationen die Interessen Gehörloser vertraten. Die Tätigkeit dieser Personen hatte in der Regel einen Notcharakter und kann nicht als professionelles Dolmetschen bezeichnet werden. Dabei wurde aber nicht ausschließlich von einer Sprache in eine andere übersetzt, sondern gleichzeitig oder zusätzlich sozialarbeiterische oder anwaltsähnliche Funktionen ausgeübt (teilweise sogar mit der Haltung eines bevormundenden Helfers).
 
Erst in den 60er Jahren lieferte die Wissenschaft Erkenntnisse, die den Status der Gebärdensprache als eigenständige Sprache mit einer sich deutlich von gesprochenen Sprachen/Lautsprachen  unterscheidenden Grammatik bewiesen. Parallel zu diesen internationalen Forschungsergebnissen setzte in der Gehörlosengemeinschaft eine Emanzipationsbewegung ein, die bis heute andauert. Auch das Selbstverständnis der Gebärdensprachdolmetscher*innen erfuhr einen Wandel und es entwickelte sich eine professionelle Berufsauffassung. Dolmetschen wird als eine zwischen zwei Sprachen und zwei Kulturen vermittelnde Dienstleistung verstanden, bei deren Ausübung Dolmetscher*innen an eine Berufs- und Ehrenordnung gebunden sind.
 
In vielen Lebensbereichen wird gehörlosen Menschen durch den Einsatz von Gebärdensprachdolmetscher*innen eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Veränderungen der Bildungssituation für hörgeschädigte Menschen, des Arbeitsmarktes und der gesetzlichen Rahmenbedingungen führen inzwischen zu einer Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten sowie zu einer verstärkten Nachfrage an qualifizierten Dolmetscher*innen.
 
Diese Entwicklung wird seit Mitte der 90er-Jahre zusätzlich durch die Etablierung verschiedener Ausbildungs- und Hochschulstudiengänge sowie unterschiedlicher Prüfungsgremien Rechnung getragen.